Die Nachricht hat in den letzten Wochen für nationale Schlagzeilen gesorgt: die Regierung der Balearen hat die Enteignung von 56 Wohnungen – 27 auf Mallorca, 23 auf Menorca und 6 auf Ibiza – für einen Zeitraum von sieben Jahren angekündigt (am 4. März 2021 wurde die entsprechende Entscheidung von der Behörde für Wohnung und Mobilität im Balearischen Gesetzblatt (BOIB) veröffentlicht). Ziel sei es, sozialen Wohnraum zu schaffen. Mit der Ankündigung wurden die entsprechenden Enteignungsverfahren eingeleitet. Die von dieser Maßnahme betroffenen Eigentümer können Einspruch gegen die vorgeschlagene Enteignungsentschädigung erheben, jedoch stoppt ein Einspruch die eingeleiteten Verfahren nicht.
Wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen?
Am 27. Juni 2018 trat das neue (und erste) Wohnraumgesetz der Balearen in Kraft (später wurde es durch das Dekret 36/2019 vom 10. Mai und durch das Gesetzesdekret 3/2020 vom 28. Februar 2020 ergänzt). Seitdem war bereits bekannt, dass leerstehende Wohnungen unter bestimmten Voraussetzungen übertragen werden müssten, sollte die Regierung dies beschließen. Die Frage war natürlich, ob es hierzu tatsächlich kommen würde. Eine Antwort haben wir nun vorliegen und sie lautet: ja.
Es ist jedoch wichtig zunächst einmal den Kontext dieser Entscheidung zu verstehen. In den letzten Jahren gab es eine wachsende Besorgnis über den Zugang zu und den Erhalt von Wohnraum für sozial benachteiligte Gruppen in Spanien. Obwohl der spanische Verfassungsgerichtshof verschiedene Bestimmungen von regionalen Gesetzen in diesem Bereich aufgehoben hat (jedoch keine des balearischen Gesetzes), handelt es sich um einen Trend, der sich nicht nur auf den Balearen, sondern vielleicht auch in anderen Regionen weiter fortsetzen könnte.
Die von immer mehr spanischen Regionen getroffenen Maßnahmen reichen von der höheren Besteuerung, Deckelung von Mietpreisen und Eintragung in Registern für leerstehende Wohnungen, bis hin zu Enteignungen.
Die Balearen waren die spanische Region mit dem höchsten Anstieg der Mietpreise (+ 19,1%) zwischen 2015 und 2018.
Welche Eigentümer könnten eventuell von diesen Enteignungen durch die Regierung der Balearen betroffen sein?
Diese Art von Enteignungen ist ausschließlich auf diejenigen Eigentümer (natürliche oder juristische Personen) beschränkt, die (i) mindestens zehn Wohnungen auf den Balearen besitzen, vermieten oder denen ein Nutzungsrecht zusteht, und (ii) deren wirtschaftliche Tätigkeit in der Entwicklung, Vermittlung, dem Management, Investition, Kauf und Verkauf von Immobilien und Vermietung und Finanzierung von Wohnungen besteht (grandes tenedores oder Großbesitzer).
Bei dieser ersten Enteignung durch die Regierung der Balearen handelt es sich vor allem um Banken und Fonds (u.a. Sabadell, Bankia, Divaran – von BBVA und Cerberus kontrolliert -, Aliseda – von Santander und Blackstone kontrolliert -, und Sareb – ein Unternehmen im Staatsbesitz, das Vermögenswerte verschiedener spanischer Banken verwaltet).
Das Konzept “leerstehend” im Sinne des Balearischen Wohnraumgesetzes. Bedeutung und Folgen.
Eine leerstehende Wohnung ist nach diesem Gesetz eine Wohnung, die für mehr als zwei Jahre ohne triftigen Grund ungenutzt leer steht. Das Gesetz regelt, unter welchen Umständen ein triftiger Grund besteht, und wann die Wohnung als ohne triftigen Grund leerstehend gilt und ggf. enteignet werden kann.
Die Großbesitzer müssen diese ungenutzten Wohnungen in ein speziell hierfür eingerichtetes Register eintragen. Die Nichteinhaltung dieser Pflicht hat eine Geldbuße von bis zu 30.000 € zur Folge, unbeschadet einer Ermäßigung um 80% für den Fall der Heilung des Verstoßes.
Der Verwaltung steht ebenso ein Vorkaufsrecht für bestimmte Veräußerungen zwischen Großbesitzern zu. Die Nichtbeachtung der Pflicht in Bezug auf dieses Vorkaufsrecht kann zur Verhängung von Geldbußen von bis zu 90.000 € führen.
Wie funktioniert die Übertragung dieser Immobilien? Der Entschädigungsanspruch der Eigentümer.
Die von den Großbesitzern eingetragenen Wohnungen werden vorübergehend (falls das Enteignungsverfahren eingeleitet wird) an die Balearische Wohnungsbaubehörde (Instituto Balear de la Vivienda oder IBAVI) übertragen, und gegen Zahlung einer Sozialmiete an bedürftige Personen vergeben.
Die Eigentümer übertragen nicht das Eigentum an sich, sondern vielmehr „nur“ das Nutzungsrecht für mindestens 7 Jahre an das IBAVI ab (sofern nicht in gegenseitigem Einverständnis der Parteien verlängert).
Die Großbesitzer haben Anspruch auf Entschädigungszahlen. Bei dieser ersten Enteignung wird die Verwaltung einen Betrag von durchschnittlich 408 € pro Monat für die Wohnungen auf Mallorca, 336 € für die auf Menorca und 530 € für jene auf Ibiza an die Eigentümer zahlen (in allen Fällen unter der durchschnittlichen Marktmiete auf den Balearen, 624 €).