In den letzten Monaten haben Investoren die Bedeutung der Offenlegung von entscheidungsrelevanten ESG-Daten ihrer Portfolio- und Zielunternehmen verstärkt betont. Es besteht ein stetig steigendes Interesse an der auf ESG-Kennzahlen basierenden Unternehmensleistung. Ein spezifisches System zur Berichterstattung über ESG-Faktoren muss vom Markt noch festgelegt werden. In der Zwischenzeit werden Unternehmen quantifizierbare Informationen auf einer Basis offenlegen, die einen Vergleich innerhalb einer oder zwischen verschiedenen Branchen, Sektoren und Rechtsordnungen ermöglichen. Es ist zu erwarten, dass solche Auskünfte künftig bei Entscheidungen über M&A-Transaktionen verstärkt herangezogen werden. Die ESG-Situation wird in Unternehmens- und Risikobewertungen einfließen.
Dies betrifft zahlreiche Aspekte einer M&A-Transaktion, wie beispielweise:
- Auswahl von Zielunternehmen: Die ESG-Faktoren haben zunehmend Einfluss auf die Auswahlkriterien potenzieller Zielunternehmen. So haben bereits viele Investoren die branchenübergreifenden Geschäftschancen erkannt, die mit einer potenziellen Geschäftspartnerschaft mit oder der Übernahme von Gesellschaften mit starken ESG-Profilen einhergehen. Hierzu zählen etwa Unternehmen, die sich auf erneuerbare Energien konzentrieren oder eine starke Innovationsbilanz aufweisen. Von Bedeutung ist ebenfalls, langfristig nachhaltige Wertschöpfung für die Gesellschafter zu generieren.
- Sorgfaltspflicht: ESG wird auch bei der Due-Diligence-Prüfung eine wichtige Rolle spielen. Bestimmte ESG-Schlüsselrisiken – insbesondere Korruption, Datenschutz und Datensicherheit, Klimawandel, Treibhausgasemissionen, Diversität und Arbeitspraktiken – werden bereits im Rahmen von M&A Due-Diligence-Prüfungen bewertet. Berücksichtigt werden auch die potenziellen Auswirkungen einer Übernahme auf das Renommee, die Kultur und Integration des zu erwerbenden Unternehmens.
- Finanzierung: Viele Kreditgeber haben bereits die Auswirkungen signifikanter ESG-Risiken auf die Bonität von Unternehmen erkannt. Unternehmen dürften in Zukunft bald feststellen, dass Finanzierungskosten und Zugang zu Kapital zunehmend an die ESG-Daten geknüpft werden.
- Unternehmensführung und Integration: Im Rahmen von M&A-Transaktionen ist ESG-Compliance durchaus mit traditionellen Vorstellungen über die Geschäftsführer-Pflichten vereinbar. Ein breit aufgestelltes ESG-Konzept mit Richtlinien und quantifizierbaren Erfolgen bzw. Misserfolgen des Managements für Nachhaltigkeit, Humankapital und anderen ESG-Aspekten wird sich als wegweisend für die Kultur eines Unternehmens darstellen. Ein ESG-Konzept wird ein wichtiger Indikator dafür sein, ob das Unternehmen ein geeignetes Übernahmeziel darstellt.
- Reaktionen der Gesellschafter: Investoren und andere Interessensgruppen betrachten die ESG-Situation eines Unternehmens zunehmend genauer. Große Vermögensverwalter haben bereits angedeutet, dass sie davon ihre Anlageentscheidungen abhängig machen werden. Investitionen in bestimmte Branchen könnten hierbei von vornherein ausgeschlossen werden. In Zukunft werden Unternehmen diese Anliegen ihrer Investoren bei Transaktions-Rollouts, bei Präsentationen für neue Investoren, in Pressemitteilungen und bei Analystentreffen hinreichend berücksichtigen müssen. Sowohl Vorstände als auch Geschäftsführer werden daher nachweisen müssen, wie ESG-Belange im Zusammenhang mit M&A-Entscheidungen berücksichtigt werden. Ferner sollte mit den Investoren proaktiv über ESG-Belange gesprochen werden.