Auszahlung von Boni unabhängig vom Verbleib im Unternehmen

2023-03-07T12:17:00
España
Darf die Auszahlung eines nach Zielvorgaben bemessenen Bonus vom Verbleib im Unternehmen abhängig gemacht werden?
Auszahlung von Boni unabhängig vom Verbleib im Unternehmen
7 de marzo de 2023

Der Senat für Arbeitsrechtssachen des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof in Spanien) hat ein Urteil erlassen, in dem er die Bedingung für nichtig erklärt, dass ein Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Auszahlung der von Zielvorgaben abhängigen variablen Vergütung oder Bonus noch beim Unternehmen beschäftigt sein muss, um diese zu erhalten (Urteil TS 308/2022 vom 05.04.2022).

Mit diesem Urteil wurde über die Revision von Bankinter gegen ein Urteil der Vorinstanz (Senat für Arbeitsrecht bei der Audiencia Nacional) entschieden.

Hintergrund

In der unternehmensinternen Dokumentation über die Gewährung variabler Vergütungen hatte Bankinter Bedingungen festgelegt, die von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erfüllt werden müssen, um einen Bonus zu erhalten.

In allen Unterlagen wurde vorgegeben, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Auszahlung des Bonus noch beim Arbeitgeber oder bei einem Konzernunternehmen beschäftigt sein müssen. Anderenfalls durfte der Bonus nicht ausgezahlt werden, auch wenn die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer die sonstigen vom Arbeitgeber festgelegten Voraussetzungen für die Auszahlung des Bonus in vollem Umfang erfüllt hatte.

Argumente des Arbeitgebers

In ihrer Revision argumentierte Bankinter, dass die variablen Vergütungsanreizsysteme einseitig und freiwillig von der Bank eingerichtet worden seien, dass sie nicht konsolidierbar sind, und dass sie das gesetzliche und vertragliche Mindestlohnniveau verbessern würden.

Auf dieser Grundlage war die Bank der Ansicht, dass es dem Arbeitgeber im Rahmen eines einseitigen Systems freiwilliger und nicht konsolidierbarer Vergütungen freistehe, die Kriterien für die Abgrenzung dieser Variablen festzulegen, solange sie rechtmäßig sind. Das Unternehmen war daher der Ansicht, dass es zu Recht die Auszahlung der variablen Vergütung an den Bestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses im Auszahlungszeitpunkt knüpfen durfte.

Bisherige Rechtsprechung

Der Senat für Arbeitsrechtssachen beim Tribunal Supremo baut im Rahmen seiner Urteilsfindung zunächst auf seiner bisherigen Rechtsprechung auf:

  • Urteil des Tribunal Supremo vom 2. Dezember 2015 (Recurso 326/2014):

    In diesem Zusammenhang erklärte das Tribunal Supremo den vierten Absatz von Artikel 38 des 6. Tarifvertrags von Telefónica für rechtswidrig. In diesem wurde unter anderem festgelegt, dass es für den Anspruch auf die in der Betriebsvereinbarung festgelegte Zulage „eine unerlässliche Bedingung ist, am Tag der Zahlung beim Arbeitgeber beschäftigt zu sein“.
  •  Urteil des Tribunal Supremo vom 27. März 2019 (Recurso 1196/2017):

    In diesem Fall kam das Tribunal Supremo zu dem Schluss, dass ein Arbeitnehmer der Securitas Seguridad España SA Anspruch auf den Teil der Zielvergütung hat, deren Erhalt an eine fortdauernde Beschäftigung geknüpft war. In diesem Fall hatte der Arbeitnehmer die Zielvorgaben erfüllt, wurde jedoch aus betriebsbedingten Gründen vor dem vom Arbeitgeber festgelegten Stichtag für die Auszahlung der variablen Vergütung gekündigt.
  • Urteil des Tribunal Supremo vom 11. Februar 2020 (Recurso 3624/2017), in dem eine Klausel zwischen Bankia und den Arbeitnehmervertretern streitgegenständlich war, in der geregelt war, dass die variable Vergütung nur fällig wird, wenn der Arbeitnehmer zum 31. Dezember eines Jahres noch beim Unternehmen beschäftigt ist.

    Das Tribunal Supremo hatte diese Klausel für nichtig erklärt, da es sich nach seiner Auffassung um eine eindeutig missbräuchliche Bedingung handelte, da sie die Entscheidung über das Erfüllen einer zweiseitig eingegangenen Verpflichtung in das Ermessen von nur einer der Parteien stellte.

Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Urteils des Tribunal Supremo

Auf der Grundlage der vorgenannten Rechtsprechung weist das Tribunal Supremo die von Bankinter eingelegte Revision aus mehreren Gründen zurück:

1. Der Zweck der Bonuszahlung besteht darin, Anreize zu schaffen und die kommerzielle Tätigkeit bestimmter Mitarbeiter zu belohnen. Zweck war ausdrücklich nicht der Fortbestand der Beschäftigung des Arbeitnehmers.

2. Es ist nicht angemessen, die Erfüllung eines zweiseitigen Vertrages in das Ermessen einer der Vertragsparteien zu stellen, was eindeutig gegen Artikel 1256 des Código Civil (spanisches Zivilgesetzbuch) verstößt, da der Arbeitgeber den Erhalt des Bonus einseitig dadurch verhindern könnte, dass er den Vertrag vor dem Auszahlungszeitpunkt des Bonus kündigt.

3. Es ist nicht verhältnismäßig, wenn der Erhalt des Bonus durch ein Ereignis unterbunden werden kann, auf das der Arbeitnehmer keinen Einfluss hat, wie z.B. eine arbeitgeberseitige Kündigung, die der Arbeitnehmer nicht verschuldet hat.

4. Dies verstößt gegen Artikel 4.2.f) des Estatuto de los Trabajadores (spanisches Arbeitnehmerstatut), der das Recht des Arbeitnehmers auf die vereinbarte oder gesetzlich festgelegte Vergütung anerkennt und garantiert. Da es sich in diesem Sinne um ein absolutes und grundlegendes Recht des Arbeitnehmers handelt, kann ein einmal entstandener Anspruch nachträglich nicht mehr beseitigt werden.

5. Dies würde zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Arbeitgebers führen, dem eine höhere Qualität oder Quantität der vom Arbeitnehmer geleisteten Arbeit – durch Erfüllung der Ziele – zugutekommt, wobei er den Arbeitnehmer nicht dafür vergütet.

7 de marzo de 2023