Vorgesehen ist eine Vergünstigung von 100 % des Steuerbetrags auf Erwerbe von Todes wegen, auch wenn diese auf Erbverträgen beruhen

Der Regierungsrat der Balearen hat diesen Dienstag, dem 18. Juli 2023, anhand eines im Verordnungsweg erlassenen Gesetzes (Decreto Ley 4/2023, im Folgenden „DL 4/2023“) eine erhebliche Änderung in der Erbschaftssteuer verabschiedet.
Bis zum Inkrafttreten dieser Änderung bestand lediglich für Erwerbe von Todes wegen durch unbeschränkt Steuerpflichtige der sogenannten Gruppe I (d.h., Abkömmlinge unter 21 Jahren) eine Vergünstigung des Erbschaftssteuerbetrags von 99 %.
Im DL 4/2023, das ab dem 19. Juli 2023 in Kraft tritt, wird eine Vergünstigung von 100 % auf den Steuerbetrag für Erwerbe von Todes wegen (und analog dazu für die im Gesetz der Balearen 8/2022 vom 11. November 2022 über die vereinbarte oder vertragliche Erbfolge vorgesehenen Erbverträge) festgelegt, wenn die Begünstigten Verwandte in absteigender Linie beliebigen Alters, der Ehegatte und Verwandte in aufsteigender Linie (Verwandte der Gruppe I und II) sind.
Überraschend ist dabei, dass diese Vergünstigung nur auf unbeschränkt Steuerpflichtige anwendbar ist (z.B. Steuerpflichtige, die ihren Steuersitz in Spanien haben), weshalb beschränkt Steuerpflichtige (d.h., nicht auf spanischem Staatsgebiet ansässige Steuerpflichtige) von der Anwendung des Gesetzes ausgeschlossen sind. Daher könnte nach dem Wortlaut des Gesetzes zum Beispiel ein Nichtansässiger, der auf den Balearen befindliches Vermögen erbt, diese Erbschaftssteuervergünstigung nicht in Anspruch nehmen, auch wenn er aufgrund seines Verwandtschaftsgrads zum Erblasser zu einer der vorgenannten Gruppen I und II gehört.
Dies könnte dies eine Verletzung des EU-Rechts bedeuten, da Nichtansässige die 100%ige Vergünstigung nicht in Anspruch nehmen können. In diesem Sinne ist zu berücksichtigen, dass Spanien bereits im Urteil des EuGH vom 3. September 2014 (ECLI:EU:C:2014:2130) verurteilt worden war, da die Vorschriften zur Festlegung der Anknüpfungspunkte (hinsichtlich der Festlegung der auf die Erbschaftssteuer anwendbaren Vorschriften) eine Ungleichbehandlung beinhalteten, aufgrund deren nur auf spanischem Staatsgebiet ansässige Begünstigte die Vorteile der Bestimmungen der Autonomiegemeinschatten in Anspruch nehmen konnten, Nichtansässige jedoch nicht. Die staatlichen Gesetzesbestimmungen über diese Anknüpfungspunkte wurden anlässlich dieses EuGH-Urteils geändert, wobei allerdings die von der Regierung der Balearen verabschiedete Regelung damit nicht in Einklang zu stehen scheint.
Das Gesetz DL 4/2023 muss innerhalb von 30 Tagen nach seiner Verabschiedung durch das Parlament bestätigt oder als Gesetzesentwurf im Dringlichkeitsverfahren bearbeitet werden. Sollte die vorgenannte Diskriminierung in Bezug auf nichtansässige Steuerpflichtige nicht beseitigt werden, bestünde die Möglichkeit, eine Berichtigung der sich aus der vorgenannten diskriminierenden Behandlung ergebenden Selbstveranlagungen zu beantragen.
Schließlich ist noch anzumerken, dass bezüglich der steuerlichen Behandlung von Schenkungen keine Änderungen vorgenommen wurden und daher der in der Autonomen Gemeinschaft der Balearen geltende Abzug beibehalten wird, der normalerweise eine Höchstbesteuerung von 7 % der Bemessungsgrundlage bedeutet.